Erheblicher regulatorischer Rückschritt: Parlament nimmt Verhandlungsposition zum „Omnibus-I-Paket“ an
International
20 November 2025
🔎 Hintergrund:
Am 13. November 2025 hat das Europäische Parlament, nach vorheriger Ablehnung des Ausschussentwurfes im Oktober, mit 382 Stimmen seine Verhandlungspositionzur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Sorgfaltspflichten für Unternehmen im Rahmen des von der Kommission am 26. Februar 2025 vorgeschlagenen „Omnibus-I-Paket“ angenommen.
Dadurch sollen insbesondere die 2023 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD (Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung)) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D ( EU-Lieferkettenrichtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten )), weiter vereinfacht und reduziert werden.
Zur Erinnerung: Die EU-Lieferkettenrichtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten ((CS3D) (EU) 2024/1760) verpflichtet multinationale Unternehmen, Verantwortung für die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten entlang ihrer gesamten Lieferkette zu übernehmen.
Sie entstand nach mehreren großen Skandalen:
- dem Einsturz des Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 und
- der Aufdeckung der Zwangsarbeit der Uiguren in China.
⚠️ Was die angenommene Verhandlungsposition vorsieht:
- Nur sehr große Unternehmen wären von der Sorgfaltspflicht betroffen: Die Schwelle liegt bei 5.000 Mitarbeitern und 1,5 Mrd. € Umsatz.
- Abschaffung der Pflicht zu Klimatransitionsplänen in der CS3D.
- Die Kommission soll ein neues digitales Portal für Unternehmen einrichten, das kostenlosen Zugang zu Vorlagen, Leitlinien und Informationen über alle EU-Berichtspflichten bietet.
⚠️ Bereits im April 2025 wurde im Rahmen des „Omnibus-I-Paktes“ die Richtlinie zur Verschiebung der Anwendung der Berichts- und Sorgfaltspflichten angenommen und führte zur Verschiebung der Fristen:
-
- Die Frist für die Umsetzung EU-Lieferkettenrichtlinie (CS3D) wird für die Mitgliedstaaten bis zum 26. Juli 2027verlängert.
- Die tatsächliche Anwendung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD) beginnt für die ersten betroffenen Unternehmen im Jahr 2028.
❗ Warum das besorgniserregend ist:
- Dieser Rückschritt könnte die Reichweite EU-Lieferkettenrichtlinie erheblich einschränken und damit die Verantwortung multinationaler Unternehmen für soziale und ökologische Auswirkungen schwächen.
- Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) und einige politische Gruppen kritisieren, es handle sich um eine als Vereinfachung getarnte Deregulierung, und somit um einen Rückschritt, der den Schutz von Menschen und Ökosystemen schwächen und die EU von ihren Klimazielen entfernen könnte. Nach Angaben der NGO Bloom sei die Reform stark durch die Industrie- und Erdöl-Lobbys beeinflusst worden, die wiederum insbesondere von ausländischen politischen Interessen geleitet würden.
- Befürworter hingegen sind der Ansicht, dass diese Maßnahmen unerlässlich seien, um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu erhalten, insbesondere gegenüber internationalen Akteuren, die weniger strengen Auflagen unterliegen.
📌 Und nun?
Das Trilogverfahren (Parlament, Kommission, Rat) soll bereits am 18. November beginnen, denn Ziel ist es, die Gesetzgebung bis Ende 2025 abzuschließen. Diese Debatte wird von entscheidender Bedeutung sein: Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und unternehmerischer Verantwortung zu finden.
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